Wohl keiner der 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatte so viele politische Informationen über die drei Baltischen Länder erwartet. Die Reise war von Pfarrer Stephan Wolff ausgeschrieben worden und trug seine Handschrift in mehrerlei Weise, vor allem in täglichen Reiseimpulsen. Roswitha Verhülsdonk sagte, sie sei wohl die Einzige gewesen, die an der Reise vor allem auch politisch interessiert war. In den frühen 90er Jahren, nach dem Zusammenbruch der Sowietunion, hatte sie als Staatssekretärin im Kabinett Kohl ein politisches Projekt im Baltikum begleitet, das zum Ziel hatte, die jungen Demokratien beim Aufbau eines sozialen Rechtsstaats zu unterstützen. Sie hat die Bilder noch vor Augen von den heruntergekommenen Fassaden der drei Hauptstädte und der Armut und der Not der Leute dort. Sie hatte alte Menschen auf den Straßen gesehen, denen es an warmer Kleidung und festem Schuhwerk mangelte. Manche liefen mit Lappen um die Füße gewickelt durch nassen Schnee. Nun wollte sie mit eigenen Augen sehen, wie sich die demokratischen Staaten heute präsentieren.
Schon am Flughafen in Tallinn, Estland, trafen wir die Reiseleiterin Renata, eine studierte Germanistin aus Litauen, der es gleich ein Anliegen war, den Gästen auch die politische Befindlichkeit der Esten, Letten und Litauer zu vermitteln. Sie berichtete von der großen Freiheitsliebe der Menschen, ihrer Heimatliebe und ihrem sozialen Verhalten und von ihren Ängsten angesichts der latent vorhandenen Bedrohung durch das angrenzende Russland. Es war die Zeit vor der Europawahl, die dort auf lebhaftes Interesse der Bevölkerung stieß, die Spitzenkandidaten des Europäischen Parlaments waren plakatiert mit den einheimischen Bewerbern.
Jeder europäische Politiker, der ins Land kommt, wird von den Medien gefeiert. So war dann auch die Wahlbeteilgung besonders hoch. Renata, die die Gruppe durch das aufgeblühte Tallinn führte, stellte das Land und seine heutige Situation vor. Das kleine Estland mit nur 1,3 Millionen Einwohnern ist im Hinblick auf Digitalisierung ein Vorbild Europas. Die gesamte Bevölkerung auch in den dünn besiedelten ländlichen Regionen wickelt den gesamten Behördenverkehr incl. Steuer und Firmengründung digital ab.
Das zieht auch viele Ausländer mit modernen Ideen für Neugründungen ins Land. Die Gruppe bereiste auch den Nationalpark im Norden in Grenznähe zu Russland, der eine vielgestaltige Landschaft zeigt, die teilweise der Natur wieder überlassen ist. Die Entfernung vom Ostseestrand nach Finnland ist nur 75km, 90 Minuten per schneller Fähre. In Lettland nennt man die Hauptstadt Riga: „das baltische Paris“. Das entspicht der Eleganz des Stadtbildes mit vielen Jugendstilfassaden. Der Weg führte dann auf die Kurische Nehrung, die man von der Stadt Memel - Klaipeda – in 7 Minuten per Fähre erreicht. Sie ist ein Süßwasserbereich begrenzt durch die bewaldete Landzunge, die nah an die russische Exklave Kaliningrad (das alte Königsberg) reicht. Dort kreuzen russische Patrouillenboote wie auch auf der Ostseeseite. Da die baltischen Länder einen hohen Anteil an russischen Bewohnern haben, ist das Lebensgefühl der Menschen von politischer Wachsamkeit geprägt. In Vilnius, der Hauptstadt von Litauen, einem noch sehr stark agrarisch geprägten Land, sieht man viele Autos mit Diplomatennummern. Dort ist das Nato-Hauptquartier Ost, das den Menschen ein Stück Sicherheit vermittelt. Das Leben auf der Straße ist geprägt von jungen Studenten, die mit E-Rollern über die Straßen und Plätze flitzen. Es war für alle eine sehr lohnende Reise.
Die Vorsitzende der Senioren Union Monika Artz dankte den zahlreichen Besuchern für ihr interessiertes Zuhören und Roswitha Verhülsdonk für die spannenden Ausführungen mit einer Flasche Wein aus dem Antoniushof.
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